Das traditionelle Konzept der urbanen Wasserwirtschaft

Bereits im Altertum wurden Techniken für die Versorgung der Bevölkerung mit Trink- und Löschwasser, sowie die Ableitung von Abwasser und Regenwasser entwickelt. Da diese Anlagen wenig durchdacht und deren Bedeutung unterschätzt wurde, entstanden auf Grund des Fehlens von Löschwasser immer wieder verheerende Brände. Durch den direkten Kontakt der Bewohner mit fäkalen Ausscheidungen wurde immer wieder die Ausbreitung von Seuchen begünstigt. Mit zunehmender Industrialisierung wurden Seuchen aber zu einem bedeutenden Hemmnis der wirtschaftlichen Entwicklung. Es wurde deshalb zunehmend damit begonnen, die Ursachen dieser Seuchen aufzuspüren dagegen vor zu gehen. Die Entwicklung und der Bau von leistungsfähigen Wasserversorgungseinrichtungen und Einrichtungen zur Ableitung und Behandlung von Abwässern zählt zu solchen durchgesetzten Abhilfemaßnahmen.


Abbildung 1: Kommunales Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungssystem.
(Sven Fitz 2006)

Abbildung 1 zeigt das System der städtischen Wasserver- und Abwasserentsorgung, wie es bei uns mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Wasser wird aus Grundwasserleitern, Talsperren oder Fließgewässern entnommen, aufbereitet und über ein verzweigtes Rohrleitungsnetz den Verbrauchern zugeführt. Die verschiedenartig zusammengesetzten Abwässer werden gesammelt aus dem Siedlungsgebiet befördert. Die Ableitung erfolgt aus Kostengründen so weit wie möglich mit starkem Gefälle. Um Ablagerungen zu vermeiden, muss die Spülkraft des fließenden Wassers ausreichend hoch sein - man spricht deshalb von Spülkanalisation.
In der Abwasserbehandlungsanlage werden organische und anorganische Stoffe, die für die Trübung des Wassers verantwortlich sind, entfernt. Hierdurch entstand der Begriff "Kläranlage".

Der Bau und Betrieb solcher Anlagen ist mit immensen Kosten verbunden. 80% der Kosten entfallen allein auf den Bau und Erhalt der Rohrnetze für Trink- und Abwasser. In den Industriestaat konnten die Kosten zeitlich gut verteilt werden. Seit der Entwicklung der ersten Rohrnetztechnologie Mitte des 19. Jahrhunderts wurden im Laufe der Zeit Wasserwerke und Kläranlagen gebaut, die den ständig neuen Erkenntnissen angepasst wurden. Anders sieht die Situation in stark wachsenden Ballungsgebieten aus. Oft bestehen Rohrnetze nur in Ansätzen, Kläranlagen fehlen meist vollständig. Zeit und Geld für den Bau solcher Anlagen sind nicht vorhanden.

Mit den "Millenium Development Goals" soll versucht werden, diese mit Wasser unterversorgte Zahl der Bevölkerung mindestens zu halbieren. Würde die herkömmliche Technik der Wasserver- und Abwasserentsorgung eingesetzt, würden sich die Kosten nach Schätzungen der Weltbank auf 180 Mrd. US$ belaufen. Täglich müssten Versorgungsanlagen für 200.000 Einwohner, und 900.000 Einrichtungen zur Entsorgung und Behandlung gebaut werden. Diese Zahlen belegen, dass ohne einen Technologiewandel die Ziele nicht erreichbar sind.

Quelle: LOZÁN, J. L.: (2005) Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Auswertungen